Als Kreisrat habe ich in den letzten Monaten mehrfach beim Landrat von Mittelsachsen nachgehakt, um Klarheit über den Windkraftausbau zu bekommen.

Meine Fragen waren klar: Wie wirken sich die Anlagen auf Mensch, Tier und Umwelt aus? Wie werden Bürger eingebunden? Haben ihre Einwendungen je etwas bewirkt? Die Antworten des Landrats zeichnen ein ernüchterndes Bild: Formale Vorschriften stehen über Transparenz, Bürgerinteressen und Naturschutz.

Meine erste Anfrage zielte auf laufende Genehmigungen, Mindestabstände zu Wohnhäusern, Lärm- und Schattenbelastung, Bürgerbeteiligung, Flächenausweisung, wirtschaftliche Folgen und die Umsetzung der Maßnahmen aus dem Werkstattverfahren 2024. Die Antwort der Verwaltung war mager. Zwar gab es Zahlen zu anhängigen Verfahren, aber konkrete Infos zu Bearbeitungszeiten oder Engpässen? Fehlanzeige. Fragen zu Gesundheitsrisiken, Schattenwurf oder dem Abrieb der Rotorblätter, der Mikroplastik in die Umwelt trägt, wurden mit Verweisen auf Vorschriften und Gerichtsurteile abgespeist. Praktische Maßnahmen oder Kontrollen im Betrieb? Nichts Konkretes.

Wirtschaftlich bleibt alles vage. Ertragsverluste durch Abschaltungen oder Entschädigungen? Keine klaren Angaben, nur Verweise auf bundesweite Schätzungen, die für Mittelsachsen nichts hergeben. Die Maßnahmen aus dem Werkstattverfahren 2024 – ein Leitfaden für Kommunen, ein Windatlas, eine Servicestelle für erneuerbare Energien – hängen in der Luft. Ein Monitoring, ob diese Maßnahmen greifen oder von den Leuten akzeptiert werden, gibt es nicht. Fazit: Die Verwaltung reagiert formal, aber Transparenz und Bürgernähe suchen wir vergebens.

Meine zweite Anfrage sollte klären, ob Bürger-Einwendungen in den letzten 20 Jahren je etwas bei Windkraftprojekten bewirkten. Die Antwort: Ablehnung. Begründung: Die Anfrage sei zu umfangreich und überschreite das Auskunftsrecht. Rechtlich mag das stimmen, aber es zeigt ein Grundproblem: Die Verwaltung hat offenbar kein Interesse, zu zeigen, ob Bürgerstimmen je gehört wurden. Es wirkt, als würden Einwendungen – zu Gesundheit, Lärm, Schattenwurf, Landschaft oder Naturschutz – stets abgewiesen, weil formal alles paßt.

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Ein krasses Beispiel ist Leisnig. Dort sollen Windräder mit 252 Metern Höhe entstehen, nur 750 Meter von Wohnhäusern entfernt, weil der Stadtrat 2023 die Flächen so ausgewiesen hat. In der Region leben Nymphenfledermäuse, Rotmilane und andere seltene Vögel. Planer behaupten, diese Tiere flögen nicht hoch genug, um von Rotorblättern getroffen zu werden, und verweisen auf wenige gefundene tote Vögel. Doch das täuscht: Tote Tiere werden oft von Fressfeinden weggetragen und tauchen in Gutachten kaum auf. Dazu kommt der Abrieb der Rotorblätter, der Mikroplastik in Böden und Gewässer streut. Langfristig zerstören die Anlagen sensible Lebensräume und bedrohen Tierpopulationen.

Die Gesundheit der Anwohner wird kleingeredet. Lärm, Infraschall und Schattenwurf werden nur nach formalen Grenzwerten der TA Lärm geprüft, oft nur stichprobenartig. Wissenschaftlich ist Infraschall umstritten – mögliche Belastungen für Psyche und Wohlbefinden werden ignoriert. Nachtabschaltungen? Nur in Ausnahmen. Ein echter Schutz der Anwohner bleibt unklar.

Bürgerbeteiligung ist ein weiterer Schwachpunkt. Öffentlichkeitsbeteiligung gibt’s nur, wenn sie gesetzlich vorgeschrieben ist oder Betreiber sie freiwillig anbieten. Ob Einwendungen je etwas änderten, wird verschwiegen. Das Gefühl bleibt: Bürgerstimmen zählen kaum, weil Genehmigungen formal wasserdicht sind.

Wirtschaftlich ist es nicht besser. Abschaltungen zur Netzstabilisierung verursachen Verluste, doch wie hoch diese in Mittelsachsen sind, bleibt im Dunkeln. Entschädigungen müssen Betreiber bei Netzbetreibern einfordern – eine klare Übersicht fehlt.

Die Antworten der Verwaltung und die Auskunftsverweigerung zeigen: Formal mag alles korrekt sein, doch Bürgerinteressen, Naturschutz und wirtschaftliche Transparenz werden ausgeblendet. Der Windkraftausbau in Mittelsachsen ist gesetzlich abgesichert, aber gesellschaftlich und ökologisch höchst problematisch. Bürgerbelange scheinen keine echte Chance zu haben.

Ihr Kreisrat Lutz Giesen (FREIE SACHSEN)